Bergsehnsüchtig

Draußen unterwegs

Tag 4: Kitzbühel & die ‘Streif’ rufen

Kitzbühel ist das Ziel des heutigen Tages. Zwischen Aschau und einer der legendärsten Alpenstädte liegen geplante 16 Kilometer und etwa 1.000 Höhenmeter bergauf und 1.300 Höhenmeter bergab. Bei der Vorbereitung auf diese Etappe haben wir schon gemerkt, dass an ihrem Ende eine Bergbahn ist. Sie könnte zum Abkürzen genutzt werden beziehungsweise: Sie hilft, die Knie zu schonen. Denn ganz am Ende der Tour steht ein Abstieg von knapp 700 Höhenmetern, die sich auf sechs Kilometer verteilen. Beim Frühstück in unserer tollen Unterkunft – dem Aschauer Hof – wissen wir noch nicht, ob wir die Bahn nutzen werden. Sie ist aber eine Option, die uns entspannter in den Tag starten lässt. Wenigstens etwas. Denn das Wetter entspannt uns nicht: Es regnet.

Zumindest die entscheidende Frage des gestrigen Tages konnte positiv beantwortet werden: Die Stiefel sind über Nacht getrocknet. Und so machen wir uns in einer Regenpause mit warmen, trockenen Wanderstiefeln und Regenhose am späten Vormittag auf den Weg nach Kitzbühel. Die Wolken hängen arg tief und geben kaum einen Blick auf die umliegenden Berge frei. Gleich neben Hotel weist uns der wie immer sehr gut ausgeschilderte KAT-Walk den Weg in Richtung Pengelstein. Es geht aufwärts. Eine Richtung, die uns die nächsten Stunden begleiten wird. Apropos begleiten. Kaum verlassen wir festen (Asphalt)Untergrund und betreten weichen Boden, beginnt es wieder zu regnen.

Über Weiden und Almen zum Pengelstein

Über einen schmalen Pfad entfernen wir uns schnell von Aschau und gewinnen an Höhe. Das ist anstrengend, denn der ‘Grip’ ist aufgrund der Feuchtigkeit überschaubar. Zum Glück gibt es keinen Dauerregen. Dafür drücken die Wolken von oben und Nebel zieht in unserer Route, die recht abwechslungsreich ist. Freie Alm- und Weideflächen wechseln sich mit Waldstücken ab. Stufen müssen erklommen werden. Wir überqueren einige Forst- und Fahrwege. Das ist viel besser als die vergangenen Tage als Teilbereiche der Etappen auf diesen Schotterwegen absolviert werden mussten.

Bei schönem Wetter ist der Ausblick auf die Bergwelt sicherlich atemberaubend – einen Teil sind wir gestern durchwandert. Heute hingegen können wir sie leider kaum sehen. Unser Panorama bilden nasse Grasbüschel und weidende Kühe. Der stellenweise steile Aufstieg fordert Kraft. Doch je näher wir dem Pengelstein kommen, desto flacher wird das Gelände. Die Freude über die zu erwartende Entspannung der Muskeln währt aber nur kurz, denn die Niederschläge der vergangenen Tage ist noch im Boden. Größere und kleinere Pfützen haben sich gebildet. Der Matsch unter unseren Stiefeln macht das Laufen zunehmend schwerer. Wanderstöcke helfen auch nur noch bedingt beim Vorwärtskommen. Schließlich ziehen wir uns am Weidezaun-Pfälen den Berghang hinauf. Zugegeben: Die Kühe schauen ein wenig verwundert.

Abwärts in Richtung ‘Streif’ und Kitzbühel

Wenig später passieren wir die ersten Skilifte. Man merkt, dass dies hier eine Skiregion ist. Nach der ‘Kitz 3S-Bahn‘, die im Sommer geschlossen ist, erreichen wir das Bergrestaurant Pengelstein. Es liegt ruhig und verlassen an der Bergkante. Aber es ist offen. An schönen Tagen wird hier sicherlich wesentlich mehr los sein, denn wie wenigen Wolkenlücken lassen erahnen, dass die Aussicht toll sein muss. Wir nutzen das Bergrestaurant zum ‘Wäschewechsel’ und um uns ein wenig aufzuwärmen – die Temperaturen sind knapp einstellig, es ist windig und regelmäßig bläst der Wind feinen Regen in unsere Gesichter.

Nach der Pause nehmen wir die zweite Hälfte des heutigen Tages unter die Stiefel. Die Wegweiser zeigen bereits Kitzbühel und die ‘Streif’ als Ziele an. Der Weg ist nun keine matschige Wiese oder schmaler Pfad mehr. Ab jetzt marschieren wir auf geschotterten Fahrwegen. Wir passieren weitere Skilifte. Zugegeben, als Nichtskifahrer ist der Anblick der geballten Anzahl von Liften und Bahnen gewöhnungsbedürftig. Unser Bergerlebnis wird dadurch etwas getrübt.

Nach dem letzten Lift reist der Himmel ein wenig auf. Gerade rechtzeitig. Denn so können wir weites Gelände erkennen – einen grünen Talkessel. Unser Weg, der mehrheitlich ein Fahrweg ist, schlängelt sich am Rand des Kessels entlang und endet auf der Streif. Dort ist dann schon wesentlich mehr Leben als bisher. Man merkt die Bergbahn, die von Kitzbühel hinaufführt, und den Namen ‘Streif’. Das will oder besser muss man gesehen haben, wenn man hier in der Gegend weilt. Zugegeben, das Wetter trägt nicht dazu bei, dass die Gegend ‘spannend’ wirkt. Bei Sonnenschein mag man sich bestimmt einmal die zahlreichen Infoschilder anschauen und/oder einkehren. Wir heute nicht. Das Einzige, das wir uns intensiver ansehen ist die ‘Bernhardkapelle am Hahnenkamm’, die am Wegesrand liegt.

Danach laufen wir in Richtung Hahnenkammbahn. Unsere Wegführung geht hier entlang. Wir müssen uns nun entscheiden: bergab entlang der legendären Streifabfahrtsstrecke nach Kitzbühel oder die Gondel der Bahn nehmen. Bei etwa 800 Höhenmetern Abstieg, verteilt auf circa fünf Kilometer, fällt uns die Entscheidung trotz der saftigen Preise für die Fahrt leicht. Wir nehmen die Bahn. KAT-Walk-Mitwanderer, die wir an der Bergstation treffen, wählen den Abstieg über Streif. Abends im Hotel laufen die Beiden etwas ‘unrund’. Die Fahrt in der Gondel hat den Vorteil, dass wir Kitzbühel schon ein wenig von oben betrachten und abtrocknen können. Trotzdem werden wir auf unserem Weg ins Hotel etwas ‘kritisch’ beäugt. Schmutzige Wanderer scheinen in dem ‘Nobelort’ doch nicht so oft vorzukommen. Wir können aber zumindest sagen: Kitzbühel haben wir gesehen.

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