Bergsehnsüchtig

Draußen unterwegs

Etappe 4: Bergen/Hochfelln nach Ruhpolding

Manchmal muss man gegen seine eigenen Überzeugungen agieren. So machen wir es auf dieser Etappe des Salzalpensteigs, der uns vom Hochfelln nach Ruhpolding führt. Normalerweise wandern wir die Berge hinauf und fahren mit der Bahn hinab. Heute müssen wir davon abweichen. Gestern war es zu spät, um den Hochfelln noch unter die Stiefel zu nehmen. Deshalb, und weil Regen angesagt ist, fahren wir heute mit der Hochfelln-Bahn von Bergen aus fast bis zu Gipfel und steigen dann ab. Doch zunächst genießen wir den imposanten Panoramablick bis zum Chiemsee auf der einen und zu Chiemgauer Alpen auf der andern Seite. Führen ein herzerwärmendes Gespräch mit einer älteren Frau, die “das hier oben noch einmal sehen” will. Und erkunden die Wege um die Bergstation der Hochfelln-Bahn.

Der Abstieg beginnt recht unscheinbar. Er zweigt einfach von einem der Panoramaweg ab. Doch gleich geht es buchstäblich über Stock und Stein hinab. Der Pfad ist schmal – kaum zwei Wanderer passen nebeneinander – und wird begrenzt durch stellenweise hüfthohes Buschwerk. Wir müssen aufpassen, uns nicht zu vertreten. Und so langsam zieht es sich immer mehr zu. Regenjacke und -hosen haben schon vorsorglich angezogen. Der Rucksack ist auch geschützt. So sind wir für den einsetzenden Regen gerüstet. Er wird uns mehr oder weniger bis zu unserem Tagesziel begleiten. Je weiter wir uns vom Hochfelln-Gipfel entfernen, desto mehr verschwindet er in den Wolken. Viel Möglichkeit, ihn zu bewundern, hätten wir eh nicht, denn der Pfad erfordert immer mehr Aufmerksamkeit von uns. Weicher Boden, der den Abstieg sonst sicherlich angenehm macht, wird durch den Regen schmierig und rutschig. Sogar die sich sonst hier tummelnden Kühe haben sich in sicherere Stellen des Weidegebiets verzogen.

Mystischer Märchenwald

Wir tauchen in einen dichten Bergwald ein. Die Nässe folgt uns. Stellenweise steht das Wasser auf den Wegen. Bei schönem Wetter ist das sicherlich richtig schön. Deshalb: Wiederholung bei schönem, vor allem trockenen Wetter. Dennoch hat dieses Wetter auch etwas Positives. Denn wir erreichen nach ein paar Kilometern den ‘Märchenwald’ – und sind vollkommen alleine. Und er macht seinem Namen alle Ehre. So stellt man sich als Kind einen Wald vor, in dem die Hexe von ‘Hänsel & Gretel’ wohnt: hohe Bäume, dichtes Buschwerk, moosbedeckte Felsen, die stellenweise kaum Platz zum Hindurchwandern lassen. Dunst, Nebel und tropfendes Wasser verleihen dem ‘Märchenwald’ etwas mystisches. Wenn es jetzt noch dämmern würde, könnte man beginnen, richtig Angst zu bekommen.

Wir verlassen dieses Kleinod nach fast einer Stunde (wir haben uns Zeit gelassen). Jetzt laufen wir auf Asphalt. In Anbetracht der Nässe Fluch und Segen zugleich. Wir können richtig auftreten, sind aber gleichzeitig ‘den Elementen’ voll ausgesetzt. Trotzdem variieren wir hier wieder die offizielle Route. Normalerweise müssten wir noch einmal aufsteigen und im weiten Bogen durch einen Wald unterhalb des Eisenbergs wandern. Das lassen wir heute besser sein. Ankommen heißt das Gebot der Stunde. Deshalb verzichten wir auf besondere Herausforderungen. Technisch sind die nächsten Kilometer, unter anderem durch den Freizeitpark Ruhpolding, komplett unspektakulär. Dafür weichen wir immer mehr durch. Bei abklingendem Regen kommen wir am späten Nachmittag in Ruhpolding an. Für morgen heißt es erst einmal: Ruhetag und alles trocknen.

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