Bergsehnsüchtig

Draußen unterwegs

Kleinwalsertal: Aussichtsreich auf das Walmendingerhorn

Das Walmendingerhorn stand beim allerersten Besuch im Allgäu (Oberstdorf) und Kleinwalsertal auf unserem Programm. Damals haben unzählige Fliegen auf dem Gipfel die besondere Lage und die atemberaubende Aussicht in den Hintergrund treten lassen. Mehr als zehn Jahre haben wir das Horn dann links liegen lassen. Erst diese Herbstwanderung hat uns mehr als versöhnt.

Da wir lange Abstiege am Ende einer Wanderung überhaupt nicht mögen, wissen wir schon vorab, dass wir mit der Walmendingerhornbahn wieder ins Tal fahren werden. Wir starten deshalb unseren Aufstieg auf dem Parkplatz der Bergbahn. Zunächst geht es ein paar Minuten durch Mittelberg, vorbei an der imposanten Pfarrkirche St. Jodok. Wenig später weist ein Schild zur Bergstation des Zafernalifts – unserem ersten Zwischenziel. Unmittelbar danach geht es auf einem geteerten Weg gleich steil bergan. Zahlreiche Ruhebänke an den Kurven und Serpentinen laden zum Durchschnaufen ein. Unterhalb der Station löst Schotter den Teer ab, der Weg bleibt aber unspektakulär. Ganz im Gegensatz zum prächtigen Landschaftskino, das uns umgibt.

Links zum Walmedingerhorn oder rechts lang

So richtig genießen wir die Ausblicke von der Terrasse der geschlossenen Sonna Alp (Betriebsruhe zwischen den Saisons) aus, die neben der Bergstation des Zafernalifts liegt. Wir blicken ganz links bis zum Grünten. Direkt vor uns liegen Kanzelwand-Fellhorn, Hammerspitze, Kemptner Kopf und Walser Geishorn; nicht zu vergessen: Kleiner und Großer Widderstein. Unser bisheriger Aufstiegsweg endet hier und wir müssen uns entscheiden, wie wir weiterwandern. Links entlang in Richtung Bühlalpe oder entgegengesetzt zum Heuberglift. Wir gehen rechts und wandern die nächste halbe Stunde auf dem Oberen Höhenweg Hirschegg-Mittelberg. Der breite, geschotterte Forstweg ist technisch nicht anspruchsvoll und weist wenig Steigung auf. Er erlaubt so ganz entspanntes Dahinmarschieren. In der Hochsaison ist hier sicherlich viel los. Wir sind aber in Nebensaison unterwegs und sind fast alleine.

Das ändert sich auch nicht, als wir eine Kreuzung erreichen. Vier Wege treffen sich hier. Wir verlassen den Höhenweg und wandern halblinks in Richtung Walmendingerhorn und Walmendinger Alpen. In einem weiten Bogen unterqueren wir den Heubergmuldenlift. Dort bietet sich uns ein tiefer Blick das Kleinwalsertal entlang bis zum Grünten. Direkt unter uns liegen das Heuberghaus und der Bergggasthof Schöntalhof. Am Ende dieser freien Fläche erreichen wir ein kleines Waldstück und biegen nach links ab. Zu unserer Rechten das Panorama, das uns die nächsten Stunden begleiten wird, und geprägt ist vom Hohen Ifen. Immer wieder imposant.

Der Weg wird zum Pfad

Nun ist es mit dem bisher leichten Weg vorbei. Buchstäblich von einem Schritt zum nächsten wandelt er sich in einen anspruchsvollen, schmalen Steig, der über Wurzeln und kleinere Gesteinsblöcke führt. Stufen von unterschiedlicher Größe hat. Und aufgrund des feuchten Waldbodens etwas schmierig ist und deshalb unsere ganze Konzentration verlangt. Zudem liegt er größtenteils im Schatten des Heubergs. Die Sonne, die uns lange Zeit gewärmt hatte, fehlt jetzt und die Herbsttemperaturen lassen uns frösteln. Deshalb versuchen wir, dieses Stück schnell hinter uns zu lassen.

Wenig später sehen wir auch schon das Ende des Pfades. Er führt aus dem Bergwald hinaus auf freies Alpgebiet – abgefressene Weiden links und rechts des wieder breiteren Wegs zeugen davon. Zudem liegt in Sichweite die Untere Walmendinger Alpe, die wir bald erreichen. Sie ist der Ausgangspunkt für einen weiteren Aufstieg. In Serpentinen geht es erneut über Wurzeln, Felsblöcke und zahlreiche Stufen in ein Waldstück. Es ist immer noch frisch, schmierig und lange Zeit einsam. Dann kommen uns die ersten Wanderer entgegen, die vom Walmendingerhorn absteigen.

Obere Walmendinger Alpe ist ein Kraftplatz

Plötzlich, nach etwa einer halben Stunde Aufstieg, bricht sie durch: die Sonne. Dafür heben wir unsere Köpfe und blicken am oberen Rand des Weges durch Bäume und Büsche auf einen hellen, sonnendurchfluteten Platz. Kurz darauf erreichen wir diesen Platz: die Obere Walmendinger Alpe. In der Sommersaison ist sie betrieben und lädt zur Einkehr. Wir sind jedoch gar nicht traurig, dass die Fensterläden und Türen verschlossen sind. Denn so sind wir hier alleine. Vereinzelt hören wir Vogelgezwitscher. Wind bläst schwach durch die Bäume. Ein namenloser Bach plätschert wenige Meter entfernt. Der mächtige Grat des Heuberg beschränkt die Alpe auf der einen Seite. Wenn man seinem Verlauf folgt, fällt der Blick am Ende auf das Walmendingerhorn. Alles in allem ein wunderschöner, magischer Platz, der uns Ruhe und Kraft gibt – unsere Gedanken schweifen weit. Eigentlich wollen wir gar nicht mehr weiter, so schön ist es hier.

Doch nach einer längeren Pause brechen wir zum letzten Aufstieg auf. Von nun an geht es fast nur bergauf. Zunächst noch gemächlich, wird es nach wenigen Minuten steil. In Serpentinen steigen wir auf der Rückseite des Walmendingerhorn bergan. Hier kann man den erdgeschichtlichen Hintergrund der Alpen hautnah erleben, denn der Pfad führt an offenen, gefalteten Gestein vorbei. Man sieht also, was für Kräfte hier für Millionen von Jahren gewirkt haben und immer noch wirken. Kurz danach schweben die Kabinen der Bergbahn auf das Walmendingerhorn über unseren Köpfen – wir hätten es also auch leicht haben können. Dann hätten wir aber das angenehme Gefühl, es bis hierher geschafft zu haben, versäumt. Ebenso hätten wir nicht die Zeit gehabt, das wechselnde Panorama in unterschiedlichem Licht zu genießen.

Wenige Höhenmeter und ein paar Kurven weiter erreichen wir die Bergstation der Walmendingerhornbahn. Wir passieren das Gebäude und wandern die wirklich letzten Meter auf einem breiten Weg zum Gipfel – dem eigentlichen Walmendingerhorn. Und die Ausblicke auf diesem 360°-Gipfel sind wirklich atemberaubend. Sämtliche ‘Spitzen’, ‘Hörner’ und ‘Wände’ lassen sich gar nicht aufzählen. Einmal mehr verstehen wir nicht, warum wir so lange gewartet haben, bis wir wieder hier oben stehen. Bevor wir einkehren und mit der Bahn nach unten fahren, heißt es erst einmal: genießen und staunen!

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