Bergsehnsüchtig

Draußen unterwegs

Tag 3: Über die Hintenkarscharte nach Aschau

Gewitter sind für heute angekündigt. Die sollen uns möglichst nicht ‘oben’ auf der Hinterkarscharte erwischen. Deshalb machen wir uns sehr früh auf den Weg nach Aschau. Von unserer Unterkunft marschieren wir zunächst auf einer Straße in der Windauer Ache taleinwärts. Den Bach überqueren wir auch schon bald. Von nun an geht es nur noch bergan. Der Asphalt wird von Schotter abgelöst. Dennoch ist es ein unkomplizierter Fahrweg, der weit oben liegende Almen verbindet, und uns ein strammes Angangstempo ermöglicht. Schließlich wissen wir, was uns heute wahrscheinlich noch erwischen wird. In einer der Serpentinen bleiben wir aber dennoch mal stehen, saugen die noch frische Morgenluft ein, genießen den Ausblick und lassen einen großen Milch-LKW passieren. Das erklärt die Breite dieses Weges.

Weiches Weidegelände unter den Füßen

Es folgen noch ein paar enge Kurven und wir erreichen die unbewirtschaftete Scheibenschlagniederalm. Bis hier hin war schon ein ganz schöner Ritt. Aber am Talblick sehen wir, dass bereits einige Höhenmeter in unseren Beinen stecken. Aber bis zum höchsten Punkt des heutigen Tages, der Hintenkarscharte, fehlen noch etwa 400 Höhenmeter. Deshalb lassen wir die Alm links liegen. Außerdem bauen sich die Gewitterwolken bereits deutlich an den Gipfeln der umliegenden Gebirgszüge auf. Und so folgen wir dem Weg zur Scheibenschlaghochalm.

Dort ändert sich der Untergrund und die Wegbeschaffenheit. Denn der gelbe Wegweiser mit KAT-Walk-Logo führt uns ins Grüne. In Weidegelände. Es wird steil. Durch eine Herde Rinder, die vereinzelt stehen, liegen, fressen marschieren wir in Richtung der markant eingeschnittenen Hintenkarscharte. Almrosen säumen den anfangs nicht ganz so einfach zu findenden Weg. Zu unserer Rechten strebt eine steile Felswand gen Himmel. Je höher wir kommen, desto markanter wird die Scharte erkennbar. Der Weg, besser ein Pfad oder Steig, führt fast direkt nach oben und lässt die vielen Serpentinen bis zu Scheibenschlaghochalm schnell vergessen.

Kleiner Rettenstein dominant am Horizont

Wir streben recht schnell dem höchsten Punkt der heutigen Etappe entgegen. Und sind noch trocken. Gewittergrollen ist auch noch nicht zu vernehmen. Unsere Zuversicht Aschau doch ohne Unwetter zu erreichen, steigt. Und so können wir den Anblick des Kleinen Rettensteins auch genießen. Diese prägnante Bergspitze zeigt sich kurz bevor wir die Scharte beschreiten an der gegenüberliegenden Talseite. Der rote Felsbrocken erinnert in seiner Form an höhere, bekanntere Gipfel. Echt imposant. Und je näher man dem Rettenstein kommt, desto imposanter wird der Anblick. Gleichzeitig sollte man aufpassen, wo man hintritt. Denn an der Rückseite der Scharte wird der Weg sehr weich. Das überrascht nicht, weil ein kleines Hochmoor durchwandert und ein kleiner See passiert wird.

Das Gelände wird danach weiter. Unser Abstieg beginnt. Und er führt uns weiter über weiches Weidegelände. Der Weg an sich ist nicht kompliziert. Wir müssen nur aufpassen, dass wir auf dem feuchten Untergrund nicht ausrutschen. Schon bald erreichen wir die unbewirtschaftete Hintenkar Hochalm. Unweit der Almgebäude rasten wir auf einem großen Stein, der zum einen trocken ist und zum anderen gespeicherte Wärme abstrahlt.

Es geht durch ‘Urwald’

Der Weg ist nach der Hochalm ein geschotterter Fahrweg. Das kennen wir schon vom Aufstieg. Deshalb hoffen wir, dass der Abstieg doch ein wenig abwechslungsreicher werden möge. Und wir werden nicht enttäuscht. Nach ein paar Kurven biegt der Weg nach der Hintenkar Niederalm in Richtung eines Wäldchens ab. Ein kurzer Aufstieg muss auf einem Steig gemeistert werden. Danach kommt zwar wieder Schotter. Für die Abwechslung sind wir dennoch dankbar.

Der Höhepunkt der Abwechslung ist allerdings die Passage zwischen Haglangeralm und Labalm. Hier dominiert Gras als Untergrund. Links und rechts ragt Buschwerk auf den Pfad, und engt ihn zwischenzeitlich arg ein. Alles ist an unserem Tourtag bereits ohne Gewitter feucht. Zusammen mit der schwülen, heißen Luft ergibt sich ein Gefühl von ‘tropischen Urwald’ in den Kitzbüheler Alpen. Ein surreales, tolles Gefühl. Wenig später ist unser Abstieg bei der Labalm abgeschlossen. Kurz vorher sehen wir das erste Mal unser Tagesziel am talauswärts: Aschau. Ebenfalls eine Tagespremiere – es kommen uns Wanderer entgegen. Bis hierhin waren ausschließlich KAT-Walk-Wanderer mit uns in der gleichen Richtung gelaufen. Die Labalm wäre die erste und einzige Möglichkeit an diesem Tag einzukehren. Doch die kalkulierte Marschzeit bis Aschau von etwa einer Stunde und der nun wieder bange Blick in Richtung Talschluss lässt uns gleich weiter laufen.

Wenig später bestand kurzzeitig in unserer kleinen Wandergruppe Uneinigkeit darüber, ob wir die Regenhüllen der Rucksäcke tatsächlich brauchen. Der einsetzende Regen gab mir schnell recht. Die anfänglichen wenigen Tropfen wuchsen sich unmittelbar zu einem schweren Gewitter mit kräftigem Regen aus. Der Wetterbericht hatte also recht. Innerhalb kürzester Zeit waren wir ‘durch’. In diesem Moment hielt die Rettung neben uns. Mitarbeiter der Schaukäserei Kasplatzl, die wir talaufwärts passiert hatten, luden uns ein, mit ihnen nach Aschau zu fahren. Selten war eine Mitfahrgelegenheit willkommener. Noch einmal herzlichen Dank an die zwei Unbekannten! Denn die gemeinsame Fahrt war leider viel zu schnell vorbei und wir konnten uns nicht einmal ‘richtig’ bekannt machen. Unweit unseres Hotels stiegen wir aus. Dort machten wir uns gleich ans Trockenlegen. Ob die Wanderstiefel bis morgen wieder trocken werden?

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